Vor ein paar Tagen wurde die 270. Folge des Freakshow-Podcasts veröffentlicht. Darin war Hans Hübner zu Gast, einer jener Menschen, die ich um ihre frühe Geburt beneide.
Hans Hübner ist etwa zehn Jahre älter als ich und während ich Mitte der Neunzehnhundertneunziger Jahre mein folgenschweres Kennenlernen mit einem Modem hatte, war er bereits seit zehn Jahren in den Datennetzen unterwegs. Was müssen das für Zeiten gewesen sein!
Vermutlich 1994 erzählte mir ein Schulfreund, dass er einen neuen Computer habe - einen Pentium 60 in einem von Colani designten Tower-Gehäuse von Vobis (Seite 3). Mit diesem Rechner kam ein entsprechender Monitor und ein 14.400 Baud schnelles Modem. Ich erinnere mich, dass ich ihm im Laufe des Abends, an dem ich mir seinen Computer ansehen durfte, zehn Mark für die entstandenen Telefonkosten gegeben habe, die für die Verbindung zur Vobis-Mailbox angefallen sind, an der sich 40 (in Worten: vierzig) Nutzer gleichzeitig anmelden konnten. Ich kann die Telefonnummer nach beinahe 30 Jahren noch auswendig: 02405 94047. Wenig später kaufte ich für 400,- Mark mein erstes eigenes Modem, ein Elsa Microlink 28.8TQV.
In der Zeit danach betrieb ich eine eigene Mailbox mit leider nur einer einzigen gleichzeitigen Einwahlmöglichkeit. Hin und wieder schreckte ich wegen des "SysOp-Rufs" hoch, den eingewählte Nutzer auslösten, um mit mir zu chatten. Das FidoNet habe ich damals nur am Rande wahrgenommen, erst später habe ich verstanden, was ich damit verpasste.
Als ein Freund 1996 von seinem Austauschjahr aus den USA zurückkam und erzählte, dass seine Gastfamilie einen AOL-Internetanschluss besäße, ging ich meinen Eltern lange genug auf die Nerven, dass auch wir einen solchen bald zu Hause zur Verfügung hatten. Neben der begeisterten Schilderung meines Freundes war sicher hilfreich, dass AOL die Haushalte damals mit CDs geflutet hat, auf denen die Zugangssoftware verteilt wurde.
Im Jahr 2000 begann ich mein Studium in Frankfurt am Main. Weil ich keinen Internetanschluss in meiner Wohnung hatte, war ich auf das Universitätsrechenzentrum und die ZIP-Drives in den dortigen Computern angewiesen, mit denen ich 100 MB pro Diskette zwischen meiner Wohnung und dem Internet transportieren konnte: Ich plante also vorab, was ich herunterladen wollte, ging in einen der Computersäle, lud die Dokumente und Dateien in, für damalige Verhältnisse, aberwitziger Geschwindigkeit herunter, speicherte sie auf einer meiner beiden ZIP-Disketten und sichtete das Material anschließend zu Hause.
Nach meinem Wechsel des Studiums, der Universität und der Wohnung, trat mit dem eigenen Internetanschluss und einem - hauptsächlich von meinem damaligen Mitbewohner - in der dortigen Linux User Group organisierten Power-PC-basierten Router das IRC in mein Leben; aus dieser Zeit sind einige Freundschaften erhalten.
Seit dieser Zeit und heute liegen beinahe zwanzig Jahre. Diese kommen mir längst nicht so intensiv vor wie die zehn Jahre davor. Hauptsächlich liegt das sicher an jener Zeit meines Lebens, in der ich mehr Freiheiten hatte für solche Dinge, und an meinem Informatikstudium, während dem ich mich (von Berufs wegen!) austoben konnte in diesem Bereich. Aber eben nicht nur.
Ich denke hin und wieder wehmütig zurück, an die Gespräche im IRC, an die Soft-, aber hautpsächlich die Hardware dieser Tage. Ich weiß selbst, dass früher nicht alles besser gewesen ist, dass man rückblickend verklärt.
Vielleicht liegt es an meinem Alter, denn heute bin ich einer der Alten. Nicht so alt wie Hans Hübner vielleicht, doch Dinosaurier genug, um sagen zu können, dass es Dinge gibt, die mir damals besser gefielen und die ich heute vermisse. Dinge, die ich meinen Kindern gerne irgendwie zeigen und vermitteln würde. Die Dinge hinter Snapchat und hinter BlueSky.